FFH-Gebiet „Binnendünen Nordoe“

Luftbild Nordboe

Das FFH-Gebiet „Binnendünen Nordoe“ ist seit Anfang des Jahres 2013 nicht nur ein besonderes Schutzgebiet von europäischem Interesse, sondern auch nach nationalem Recht als Naturschutzgebiet ausgewiesen.

Die ehemalige militärische Nutzung hat hier auf einem alten Binnendünengebiet den Rest einer in Teilen unverkoppelten Allmende-Landschaft erhalten und diese vor den Folgen intensiver Landwirtschaft, Entwässerung, Umbruch, Düngung oder großflächiger Aufforstung bewahrt.

Zu den charakteristischen Lebensräumen zählen offene Sand-Pionierfluren, kiefernbewachsene Binnendünen, Grasfluren, verheidete Binnendünen, feuchte Zwergstrauchheiden sowie krattartige Eichenwälder. Viele der im Gebiet vorkommenden Pflanzen- und Tierarten sind selten und stark gefährdet. Sie finden hier einen ihrer letzten Rückzugsräume in Schleswig-Holstein.

Heute gehören die „Binnendünen Nordoe“ zum Nationalen Naturerbe und dienen den Zielen des Naturschutzes. Ziel des Schutzgebietsmanagements ist der Erhalt einer großräumigen, offenen Landschaft, in der besonders die nährstoffarmen Verhältnisse bewahrt werden. Ein ausgewiesenes Wegenetz erschließt das Gebiet für das Naturerleben und die Naherholung.

Trocken und Mager

Luftbild mit Fahrspuren

Aus Flug- oder Dünensanden aufgebaute Böden haben eine hohe Wasserdurchlässigkeit, trocknen schnell aus und können nur wenige Nährstoffe speichern. Auf solch extremen Standorten wachsende Pflanzen haben spezielle Überlebensstrategien entwickelt. Unter nährstoffreichen Bedingungen würden sie rasch von wuchskräftigeren Pflanzenarten verdrängt werden. Anders als an den Dünen der Meeresküsten mit ihrer natürlichen Dynamik sind die Vorkommen der Mager- und Trockenrasen im Binnenland nur durch extensive Pflege dauerhaft zu erhalten.

Die von Besenheide beherrschten Sandheiden bedürfen für ihren langfristigen Erhalt ebenfalls einer kontinuierlichen Pflege durch Beweidung, Plaggen, Mahd oder Feuer. Besenheide keimt nur auf offenen, nährstoffarmen Böden. Ohne Pflegemaßnahmen überaltern die Bestände und werden von Grasfluren verdrängt.

Offene Sandflächen

Gewöhnlicher Teufelsabriss

Offene, nicht durch dichte Vegetation oder Gehölze geschützte Dünen und Flugsandfelder unterliegen ständigen Veränderungen. Der feine Sand ist so leicht, dass er vom Wind beständig verlagert wird und dabei laufend die vorhandenen Pflanzenbestände überdeckt. Diese stetige Übersandung können nur wenige Pflanzenarten ertragen. Zu den typischen Erstbesiedlern zählen Silbergras und Sand-Segge.

Die trockenen, sich schnell erwärmenden Sanddünen sind bevorzugter Lebensraum für die wechselwarmen Insekten. Hier geht z. B. der Dünen-Sandlaufkäfer auf die Jagd. Offene Dünen kommen bei uns natürlicherweise nur an den Küsten vor. Im Binnenland sind sie meist durch das Wirken des Menschen entstanden (z. B. infolge Übernutzung, Waldraubbau oder militärische Nutzung).

Kleingewässer

Stillgewässer

Die zahlreichen Kleingewässer tragen wesentlich zur hohen Artenvielfalt des Gebietes bei. Sie sind durch saure, nährstoffarme Standortverhältnisse gekennzeichnet und daher Lebensraum einer speziell an diese Bedingungen angepassten Tier- und Pflanzenwelt. Vergleichbare Standorte sind in der modernen Kulturlandschaft kaum noch anzutreffen. Zur Förderung der auf offene Gewässer und Feuchtlebensräume angewiesenen, oftmals seltenen und bedrohten Arten hat die Stiftung Naturschutz das Entwässerungssystem aufgehoben und Flächen angestaut. Zusätzlich wurden Kleingewässer angelegt. Von diesen Maßnahmen profitieren insbesondere Amphibien wie Knoblauchkröte, Kreuzkröte und Kammmolch, aber auch viele Libellen wie Mosaikjungfern, Heidelibellen und Azurjungfern.

Naturnahe Laubwälder

Beweidung einder Düne

Ein Großteil der Nordoer Heide ist vor Jahren mit fremdländischen Gehölzen aufgeforstet worden. Alte, artenreiche und lichte Eichenwälder, wie sie ehemals typisch waren, sind nur noch kleinflächig erhalten. Früher wurden diese oft niederwaldartig genutzt, um aus der Baumrinde Gerberlohe (gerbstoffreiche Baumrinde von z. B. Eichen für die Gerberei) zu gewinnen. Zudem unterlagen die Wälder häufig einer relativ intensiven Beweidung durch Rinder oder Schweine.

Durch Entnahme standortfremder Gehölze wird mittel- bis langfristig die Entwicklung naturnaher Wälder angestrebt. Künftig soll der überwiegende Teil des Gebietes durch lichten Heidewald geprägt sein. Um die Ausbreitung einer dichten Strauchschicht zu verhindern und eine starke Durchlichtung der Gehölzbestände zu erreichen, werden diese zeitweise von der Stiftung Naturschutz mit Rindern und Ziegen durchweidet.

Der Erhalt wertvoller Habitatbäume wie alter knorriger, höhlenreicher Eichen oder Kiefern leistet ebenfalls einen wichtigen Beitrag, die hohe Artenvielfalt des Schutzgebietes auch in Zukunft zu gewährleisten.

Entwicklungsmaßnahmen

fressende Burenziegen

In Nordoe werden Maßnahmen zur Verbesserung und Wiederherstellung von Offenlandbiotopen, insbesondere von Heiden und Magergrünland, umgesetzt. Ein großer Teil erfolgt im Rahmen des EU-kofinanzierten Projektes LIFE-Aurinia zur Wiederansiedlung des Goldenen Scheckenfalters.

Die Beweidung mit Burenziegen soll auf ausgewählten Abschnitten eine Verbuschung der Offenflächen verhindern. Die Vierbeiner fressen dünne Zweige und Laub von aufkommenden Gehölzen und drängen sie so zurück. Der Lebensraum für Pflanzenarten der Magerrasen bleibt erhalten. Zusätzlich wird mit der Anpflanzung selten gewordener Blumen, wie dem zart lila blühenden Teufelsabbiss, dem Scheckenfalter und anderen Insektenarten eine Fülle von Nahrungspflanzen geboten. Von neu angelegten Kleingewässern profitieren Amphibienarten wie Kreuz- und Knoblauchkröte.

Geschichte der Nordoer Heide

Weiher im Sandgelände

Die Nordoer Heide wurde ab 1890 als militärisches Übungsgelände genutzt. Damals noch großflächige Heiden wurden durch die militärische Nutzung völlig zerstört. Den freigelegten nackten Sand wehten Weststürme zu hohen Dünen auf. Um deren Ausbreitung zu verhindern, pflanzte man Strandhafer und Strandroggen. Später sorgte der Übungsbetrieb wie das Befahren mit Panzern immer wieder für offene Sandflächen. Die regelmäßigen Störungen schufen besondere, durch Wärme und Nährstoffarmut sowie häufige Übersandung geprägte Lebensräume. Dadurch konnten hier viele, in der von intensiver landwirtschaftlicher Nutzung geprägten modernen Kuturlandschaft sonst stark gefährdete Tier- und Pflanzenarten überleben. Seit Abzug des Militärs 2007 wird die Fläche für den Naturschutz und die Naherholung entwickelt.